Isolation, schlechte Gedanken und Existenzängste: Die Coronapandemie hat nicht nur körperliche, sondern auch physische Spuren hinterlassen. Noch sind wir mitten in der Krise – das hilft, um durchzuhalten.
Ich mag mich noch an die Zeit erinnern, in der wir uns zur Begrüssung umarmen durften. Ich mag mich an die schönen Abende erinnern, in denen wir mit Freunden bis tief in die Nacht gelacht und so den tristen Wintertagen getrotzt haben. Ich mag mich an die stressigen Tage im Büro erinnern, die wir mit einer Kaffeepause unter Arbeitskollegen* und -kolleginnen* aushaltbar gemacht haben.
Viele Sehnsüchte, die wir Menschen momentan haben, klingen banal. Doch diese kleinen Freuden im Alltag haben unser Leben lebenswert oder zumindest aushaltbar gemacht. Selbst Menschen, die nie mit psychischen Probleme zu kämpfen gehabt haben, fanden sich durch die Pandemie in psychischen Tiefen wieder. Bedingt durch Isolation, Jobverlust oder fehlende Aktivitäten litten unzählige Menschen unter Ängsten, Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen.
Getroffen hat es auch Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind. Manche von ihnen verspühren Langzeitschäden – köperliche und psychische. Man denke nur einmal daran, wie es sich anfühlt, keine Luft zu bekommen. Das hinterlässt auch in unserer Psyche Spuren.
Auch Angehörige von Menschen, die an Covid-19 erkrankt oder gestorben sind, sind Opfer dieser Pandemie. Sie mussten zusehen, wie machtlos wir gegen dieses Virus sind. Und es gab viele Menschen, die sich nicht einmal richtig von ihren Liebsten verabschieden konnten. Viele Menschen starben in dieser Krise allein.
Besonders getroffen hat die Corona-Pandemie auch jene Menschen, die seit Jahren an psychischen Erkrankungen und Störungen leiden – eine geheillte Depression brach wieder aus, eine Krise bahnte sich an, Ängste kamen stärker auf als je zuvor und negative Gedanken liessen den positiven keinen Platz mehr. Wie auch, wenn vieles, was am Leben positiv ist, plötzlich nicht mehr machbar ist?
Dass mehr Menschen als zuvor mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben, zeigt auch der Fakt, dass es für ambulante psychologische Hilfe lange Wartelisten gibt – und, dass psychiatrische Einrichtungen mit Bettenknappheit zu kämpfen haben. Vor allem an Intensivbetten fehlte es an allen Ecken und Enden. In manchen Kliniken mussten gar bei gleichen Platzverhätnissen mehr Betten auf den Stationen aufgebaut werden.
Corona fordert unsere Psyche bis aufs Zahnfleisch heraus. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Zwar machen die Impfungen Hoffnung auf baldige Besserung. Bis dahin müssen wir uns in Geduld üben. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Situation zu akzeptieren und uns selbst dagegen zu wappnen. Doch wie geht das? Was hilft, dass die Psyche während der Coronakrise nicht komplett kaputt geht?
- Hol dir Hilfe, wenn es nicht mehr geht
Ganz wichtig: Auch wenn die Betten in den Kliniken knapp sind und die Suche nach einer ambulanten Therapeutin dauert, es lohnt sich. Viele psychische Erkrankungen und Störung lassen sich einfach nicht alleine lösen, sondern verlangen professionelle Unterstützung. Gib nicht auf, du hast dir Hilfe verdient!
- Strukturiere deinen Alltag
Ein Job kann einem eine gewisse Struktur geben. Dennoch ist es auch wichtig, sich am Abend und an den Wochenenden einen groben Plan zu machen, wie man sich beschäftigen kann und will. Es ist nicht ratsam einfach zu Hause in den Tag hineinzuleben und nicht zu wissen, was man mit einem anfangen soll. Das ist ein Nährboden für schlechte Gedanken und affektive Handlungen.
- Suche dir tolle Hobbys oder Projekte
Viele haben während der Pandemie angefangen, zu backen oder zu kochen. Überlege dir, was dir Freude machen würde. Ein Hörbuch? Bücher? Einen Blog starten? Ein Buch schreiben? Videocalls? Eine virtuelle Weiterbildung? Etwas basteln oder bauen? Zeichnen? Geschenke machen? Meditieren? Yoga? Klavier spielen? Egal was, suche dir Hobbys und Projekte, die du in deiner Freizeit angehen kannst. Wenn du merkst, dass es dir doch nicht gefällt, dann lass es sein und probiere etwas anderes.
- Darüber sprechen
Reden hilft. Egal, ob dich etwas bedrückt oder nicht, suche dir Menschen, mit denen du virtuell Nachtessen oder einfach so mal einen Schwatz halten kannst. Es tut gut, sich nicht immer nur in der eigenen Welt zu bewegen, sondern auch jene von anderen Menschen kennenzulernen.
- Gehe nach draussen
Die ganze Zeit drinnen zu sein, ist keine gute Idee. Plane einen Trip nach draussen in deinen Alltag mit ein. Setzt dir Kopfhörer auf und geh spazieren. Oder hol dir an einem Nachmittag einen leckeren Snack beim Bäcker oder bei einem Donut-Schuppen. Zwei Fliegen mit einer Klappe: Frische Luft und Selbstfürsorge.
- Sich pflegen
Auch, wenn du nicht nach draussen gehst, schaue, dass du dich am Morgen genauso anziehst, als würdest du weggehen. Damit gibst du dir eine Struktur und deine Psyche weiss, dass der Tag gestartet hat. Du bist dann viel motivierter und aktiver, als wenn du nur im Pyjama herumhängst.
- Schaue auf deine Ernährung und deinen Schlaf
Beide Faktoren spielen eine wesentliche Rolle, wie es deiner Psyche geht. Schlafe also nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Ernähre dich gesund – aber vergiss nicht: sich etwas gönnen, liegt auch drin.
- Vermeide es, zu viel Nachrichten zu sehen/lesen/hören
Medien berichten viel über negative Ereignisse, wie die Pandemie selbst. Setze dich nicht zu viel dieser Negativität aus. Informieren darfst und solltest du dich – aber im Mass. Dauernd schlechte Nachrichten zu lesen/hören/sehen, schlägt auf die Psyche.
- Konsumiere lustige Sachen
Anstatt sich die ganze Zeit mit Krimis, realen dramatischen Ereignissen oder sonstigen negativen Konsuminhalten zu befassen, kannst du dir auch einfach mehr lustige Sachen zu Gemüte führen. Schaue eine Komödie oder eine lustige Serie (Ich schaue sehr gerne «The Office» oder «Family Guy»). Auch lustige Comics und Hörbücher erheitern eine angeschlagene Psyche.
- Verantwortung schaffen
Wenn du nicht weisst, was du mit dir anfangen sollst, dann hilft es dir vielleicht, eine Verantwortung zu schaffen. Es gibt viele Möglichkeiten, beispielsweise anderen Menschen zu helfen. Das beginnt im Umfeld oder bei den Nachbarn, die etwa Hilfe beim Einkaufen benötigen. Auch Freiwilligenarbeit ist sehr gefragt – Tiere pflegen, im Spital aushelfen, Menschen herumfahren und noch vieles mehr sind Möglichkeiten, um sich und seinem Leben einen Sinn zu geben. Achte dabei aber darauf, dass du nicht zu kurz kommst. Übernimm dich nicht und mache das, was dir Spass macht.
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