Arbeiten mit einer psychischen Erkrankung: Zehn Tipps, damit der Beruf nicht zur Krise führt

Nicht nur ein invalidierendes Umfeld, Einsamkeit oder einschneidende Erlebnisse können jemanden destabilisieren, sondern auch der Alltag an sich. Vor allem wenn es um den Beruf geht, haben psychisch Erkrankte oft Mühe den passenden Umgang damit zu finden.

Arbeiten macht nicht nur psychisch gesunden Menschen manchmal zu schaffen. Menschen, die an Depressionen, Borderline, posttraumatischen Belastungsstörungen, Essstörungen, Bipolarität oder einer anderen psychischen Erkrankung leiden, können durch ihre Arbeit belastet oder sogar komplett destabilisiert werden.

Die Gründe können vielschichtig sein: Überarbeitung durch Leistungsstreben, zu viel Verantwortung, Überspielen der eigenen Situation oder invalidierende Mitarbeitende und Vorgesetzte. Leider sind wir in unserer Gesellschaft (noch) nicht so weit, dass psychisch Erkrankte offen mit ihren Schwierigkeiten umgehen können – und auf Verständnis, Mitgefühl oder Unterstützung stossen.

Zu gross ist die Stigmatisierung. Zu verbreitet ist die Annahme, dass psychisch Erkrankte weniger leistungsfähig sind (was definitiv nicht so ist). Mir wurde nach meinem offenen Umgang mit meiner Erkrankung gar gekündigt. (Beitrag hier lesen).

Auch die Invalidenversicherung fühlt sich nicht für alle psychisch Erkrankte zuständig. Gesuche werden reihenweise abgelehnt. Und Menschen, die es so schon schwierig haben, müssen sich weiter in einer Arbeitswelt, in der ihr Schicksal auf Unverständnis stösst, zurechtfinden.

Ohne Zweifel: Es braucht auch hier ein Umdenken. Psychisch Erkrankte gehören nicht an den Rand der Gesellschaft. Bis es soweit ist, werden noch Jahre vergehen müssen. Deshalb müssen wir uns gezwungenermassen selbst darum sorgen, dass wir irgendwie überleben – und nicht so weit destabilisiert werden, dass wir uns zum Aufgeben gezwungen sehen. Zehn Tipps

  1. Selbstfürsorge

Acht auf dich. Tue dir auch während dem Arbeiten etwas Gutes. Trinke dein Lieblingsgetränk. Geh an die frische Luft. Mach Pausen.

2. Selbstwert

Du darfst Nein sagen. Und du darfst Grenzen setzen. Lass nicht alles mit dir machen. Höre auf dich. Wenn du merkst, dass die etwas zu viel wird, setzte ein Stopp-Zeichen – für dich selbst und für deine Vorgesetzten.

3. Säulen aufbauen

Stütze nicht deinen ganzen Selbstwert auf die Arbeit. Baue dir ein Leben, in dem der Beruf ein Teil davon ist, aber nicht alles einnimmt. Suche dir ein Hobby. Treffe dich mit Freunden und Familie oder besuche einen Kurs, der dir Spass macht. Stütze dein Ich auf möglichst viele Säulen ab, denn wenn eine einbricht, bleiben noch welche stehen und stützen dich.

4. Keine Angst vor der Arbeitslosigkeit haben

Ein Grund, weshalb wir uns für unseren Beruf aufopfern, ist, weil wir um eine Kündigung fürchten. Das muss nicht sein. Denn es ist nicht schlimm, arbeitslos zu sein. In der Schweiz beipsielsweise gibt es Versicherungen (RAV, Krankentaggeld) oder das Sozialamt, die dich im Falle einer Arbeitslosigkeit abfedern. Natürlich ist das nicht angenehm, mit Aufwand verbunden und sicherlich keine langfristige Lösung. Aber zumindest besteht in gewisser Hinsicht eine finanzielle Absicherung.

5. Abgang

Wenns nicht passt, dann geh! Es gibt viele Arbeitsstellen, die dir zur Auswahl stehen. Dein jetztiger Job ist nicht das Mass aller Dinge. Wenn er dich zu sehr belastet, kannst du jederzeit einen Neuen suchen. Das mag kurzfristig anstrengend sein, langfristig ist es aber besser für dich.

6. Suche dir eine Bezugsperson

Du musst nicht mit allen bei der Arbeit zurecht kommen. Hilfreich ist es aber, wenn du eine Person hast, mit der du schöne Gespräche führen oder einen Kaffee trinken gehen kannst. Am Anfang braucht es etwas Mut, eine Person danach zu bitten. Aber es lohnt sich.

7. Tausche dich mit anderen Betroffenen aus

Es ist immer hilfreich, wenn man sich mit anderen Menschen austauschen kann, die sich in einer ähnlichen Lage befinden. Nutze dafür Kommentarspalten, Chats oder Blogs. Es gibt auch Selbsthilfegruppen, in denen Schwierigkeiten bei der Arbeit diskutiert werden können.

8. Begleitung durch Therapie

Hilfe zu holen , ist nie ein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil. Wenn du merkst, dass du deinen Alltag nicht mehr stemmen kannst und du selbst dich nicht aus dem Hamsterrad befreien kann, dann wende dich an eine Fachperson. Gib nicht auf, wenn es bei der ersten Therapeutin nicht funkt. Irgendwo gibt es jemanden, der dich adäquat professionell begleiten kann.

9. Plane etwas Schönes nach dem Feierabend

Ein leckeres Essen, ein Date, ein Film, dem Hobby nachgehen: Nimm dir vor, was du dir nach einem harten Arbeitstag Gutes tun möchtest. Oftmals läuft es beim Arbeiten einfacher, wenn man sich auf etwas freuen kann.

10. Lobe dich selbst

Meist kommen Zweifel an sich selbst auf, wenn die Wertschätzung fehlt. Und das ist keine Seltenheit in der Arbeitswelt. Leider können wir auf unser Gegenüber und seine Handlungen keinen oder nur geringen Einfluss nehmen. Was wir können, ist, auf unsere Gedanken und Handlungen Einfluss zu nehmen. Und schlussendlich ist es ohnehin egal, was andere Menschen von einem denken. Wichtig ist, wie wir uns selbst behandeln. Deshalb: Beginne, dich selbst zu loben. Schreibe auf, wenn du findest, dass du etwas gut gemacht hast.

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