Bei der Heilung psychischer Erkrankungen sind Freundschaften essenziell. Doch wie können Menschen mit Borderline, Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen überhaupt Beziehungen zu anderen Menschen pflegen?
Menschen mit psychischen Erkrankungen fühlen sich oft einsam – auch wenn sie in Gesellschaft sind. Ihre Krankheit verunmöglicht es ihnen, sich Menschen Nahe zu fühlen oder zu vertrauen. Sie fühlen sich oft missverstanden. Es folgt der Rückzug. Das führt zur Vermeidung von sozialen Kontakten, was sich wiederum negativ auf die Psyche auswirkt, da Beziehungen unter anderem unseren Selbstwert massiv stärken können. Ein Teufelskreis.
Doch wie kann dieser unterbrochen werden?
Es klingt einfach, ist es aber keineswegs: Helfen tut, sich auf Menschen einzulassen.
Wie funktioniert das?
Zuerst gilt es, mit Menschen in Kontakt zu treten. Das ist unangenehm und fühlt sich nicht immer so an, als würde es die Situation besser machen. Doch das tut es. Es braucht aber unglaublich viel Kraft, die sich aber im Endeffekt lohnt zu investieren.
Um das Ganze so angenehm wie möglich zu gestalten, hilft es, wenn man sich eine Struktur erarbeitet. Man nimmt sich gezielt Zeiten vor, um mit anderen Menschen in Kontakt zu sein. Das kann am Anfang auch nur über Chats laufen und später in physischen Kontakt gesteigert werden. Es reicht zu Beginn auch völlig aus, diese Zeit auf eine halbe Stunde zu begrenzen.
Nach und nach werden positive Erfahrungen gemacht. Mit der Zeit wird der Kontakt zu anderen Menschen angenehmer. Und man beginnt, Menschen zu finden, die man wirklich gerne in seinem Leben haben möchte.
Das ist ein zweiter wichtiger Punkt: Gute Freunde findet man nicht immer auf Anhieb. Das ist okay. Es braucht Zeit, um Freundschaften zu knüpfen, die einem guttun. Es ist zentral, dass man nicht auf Biegen und Brechen Menschen in sein Leben lässt, nur damit sie da sind. Jeder Mensch hat das Recht, sich mit Leuten zu umgeben, die einem einen Mehrwert bieten.
Aus diesem Mehrwert gelingt es mit der Zeit, positive Erfahrungen mit Menschen zu machen. Vertrauen kann entstehen. Für die Heilung psychischer Erkrankungen ist dieser Vorgang extrem wichtig. Klar, wir sind alleine auf dieser Welt, aber wir Menschen sind soziale Wesen. Unsere Identität formt sich auch durch unsere sozialen Interaktionen. Unser Selbstwert wird automatisch besser, wenn wir unsere Lebensqualität durch gute Freunde und schöne Erlebnisse aufwerten (Hier gibt es weitere Tipps zum Aufwerten des Selbstvertrauens).
Dritter Tipp: Verzweifle nicht, wenn deine soziale Kontaktaufnahme nicht auf Anhieb klappt. So etwas braucht Zeit. Beginne jetzt, dann wird es schneller besser. Und es wird besser. Du musst da nicht alleine durch.
Wenn du dich jetzt fragst, wo du beginnen kannst, rate ich dir, dir aufzuschreiben, was du gerne machst. Wenn du etwa leidenschaftlich gerne liest, dann schliesse dich doch einer Buchgruppe (virtuell oder physisch) an und trete mit Menschen in Kontakt, mit denen du schon eine Grundbasis hast.
Es gibt auch Apps, die beim Kontaktknüpfen helfen, etwa «Spontacts». Dort tummeln sich Leute, die Gesellschaft suchen und etwa Spieleabende anbieten oder einen Ausflug machen möchten.
Setze dich nicht unter Druck! Trotzdem rate ich dir: Handeln lässt dich aus deiner ohnmächtigen Position ausbrechen. Ein Ziel vor Augen zu haben, ist in schwierigen Zeiten eine gute Medizin.