Mehr Gewalt und weniger Rechte: Noch immer bewegen wir Frauen uns in einer männerdominierten Welt. Das muss sich ändern. Einen wichtigen Beitrag leisten dabei die Medien. Doch auch dort schenkt Mann Frauen und ihren Themen zu wenig Beachtung.
Vor 50 Jahren haben Frauen in der Schweiz das Recht zugesprochen bekommen, wählen und abstimmen zu gehen. Keine Selbstverständlichkeit, denn es brauchte mehrere Anläufe, bis es endlich zustande kam. Zu verdanken haben wir diese längst überfällige Errungenschaft auch jenen Frauen, die den Mut aufbrachten, ihre Stimme in einer männerdominierten Welt zu erheben und sich gegen die Misstände zu wehren.
Obwohl sich seit der Einführung des Frauenstimmrechts viel getan hat, ist noch zu wenig passiert.
Noch immer werden Frauen um ein Vielfaches häufiger Opfer von Gewalt durch Männer. Noch immer wird unvereinnehmlicher Sex ohne Anwendung von Gewalt nicht als Vergewaltigung angesehen. Noch immer wird Frauen mit einem Trauma in der Gesellschaft zu wenig Verständnis entgegengebracht. Noch immer werden Frauen diskriminiert. Noch immer erhalten Frauen für dieselbe Arbeit weniger Lohn als Männer. Noch immer sind Frauen in Führungspositionen untervertreten. Diese Liste könnte noch um einige Punkte ergänzt werden.
Frauen, die gegen diese Ungerechtigkeiten ankämpfen, werden auch heute noch als «mühsam», «rebellisch» oder «schwierig im Umgang» taxiert – meistens von Männern, die um ihre Stellung fürchten. Frauen, die ihre Stimme erheben, müssen mit viel Gegenwind rechnen. Ihnen wird mit der Kündigung ihres Jobs gedroht, sie werden ausgeschlossen oder gar gemobbt und sie werden bei einer Beförderung häufig gar nicht in Betracht gezogen.
Gerade in Medienunternehmen ist eine solche Kultur gegenüber Frauen Alltag. Dabei wäre es genau dort wichtig, dass Frauen ihre Themen platzieren und ihr Wissen einbringen können, um einen Umschwung in der öffentlichen Meinung zu erzielen. Es scheint aber, als würden einige Menschen – vor allem Männer – dies um jeden Preis verhindern wollen.
Gerade hinsichtlich der Berichterstattung über das Frauenstimmrecht wird dies augenscheinlich. Inputs von Frauen, die darüber schreiben möchten, werden in vielen Fällen abgewürgt – meistens von männlichen Chefs, die leider auch in der Medienbranche Überhand haben. “Nicht schon wieder Geschichten von Frauen, die sich nur beklagen. Das ist langweilig”, “Immer diese Frauen, die sich als Opfer darstellen…” oder „Man muss das Thema doch auch mal kritisch beleuchten!“ sind Sätze, die sich Frauen in Redaktionen anhören müssen.
Dem Thema wird in keinster Weise adäquat Platz eingeräumt, obwohl gerade das Thematisieren solch historischer Momente, in denen Frauen mehr Rechte erlangt haben, essentiell ist, damit die Entwicklung weiter angestossen werden kann.
Ein Hohn ist es auch, wenn ein Medium sich emanzipatorisch gibt und breit über das Frauenstimmrecht schreibt, drei Etagen weiter unten aber ein Titel zu finden ist, der wie folgt lautet: «GNTM – Bitches, Berlin, Bill Kaulitz (…)».
Es ist auch diese Doppelmoral, die stossend ist. Zum einen will man sein eigenes Image aufpolieren und sich als emanzipatorisch profilieren, gleichzeitig werden hinter verschlossenen Türen Diskussionen geführt und Entscheidungen gefällt, welche die Scheinheilligkeit in Bezug darauf ans Tageslicht bringt.
Was es jetzt braucht, sind «mühsame» Frauen, die dieses Unrecht sichtbar machen und dagegen ankämpfen. Es braucht Mut und es braucht vor allem auch eins: Zusammenhalt und solidarisch sein.